1. Das Aufatmen der Branche
Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem voll belegten Freitagabend in Ihrem Restaurant. Das Team läuft rund, die Gäste sind zufrieden – und zum ersten Mal seit Langem müssen Sie nicht mehr im Hinterkopf jonglieren, ob die Politik nächste Woche wieder an der Mehrwertsteuer dreht. Genau dieses Gefühl beschreibt derzeit viele Gastronomen.
Denn die Bundesregierung hat bestätigt: Ab 01.01.2026 gilt dauerhaft der reduzierte Steuersatz von 7 % auf Speisen. Damit wird eine jahrelange Achterbahnfahrt beendet. Zur Erinnerung: Nach der Corona-Sonderregelung galt 2024 und 2025 erneut der volle Satz von 19 %. Für viele Betriebe war das eine finanzielle Durststrecke – zumal gleichzeitig Personal-, Energie- und Einkaufskosten stiegen.
Die nun getroffene Entscheidung bringt ein Stück Normalität zurück. Die IHK Gera bezeichnete die Entfristung als wichtigen Schritt für regionale Betriebe (siehe Bericht der IHK Gera). Auch eine Meldung des Deutschen Bundestages bestätigt den politischen Willen zur dauerhaften Lösung. Die Branche fühlt sich endlich gehört.
2. Was gilt ab 01.01.2026 genau?
Damit keine Missverständnisse entstehen, hier der klare Faktencheck. Und der ist erfreulich einfach – zumindest für Speisen.
Grundregel: Speisen, die im Restaurant verzehrt werden, unterliegen wieder dauerhaft 7 % Mehrwertsteuer.
Das gilt – anders als 2024/25 – ausdrücklich auch für den Bestandteil der Dienstleistung: Service, Ambiente, das ganze „Vor-Ort-Erlebnis“.
Bei Getränken bleibt jedoch alles beim Alten: 19 %, egal ob alkoholisch oder nicht. Eine häufige Falle, auf die auch Steuerexperten immer wieder hinweisen: Die getrennte Ausweisung im Kassensystem bleibt essenziell. Ein Steuerberater bringt es so auf den Punkt: „Achtung bei der Kasse: Getränke bleiben bei 19 Prozent. Die saubere Trennung im System ist ab Januar 2026 wieder entscheidend für eine korrekte Buchführung.“
Und dann gibt es noch die bekannten Ausnahmen, die sich bereits zu einem kleinen Gastronomie-Spickzettel entwickelt haben:
- Take-away und Lieferung: 7 %, wie bisher.
- Milchmischgetränke To-go mit mindestens 75 % Milchanteil: 7 % (Beispiel: Latte Macchiato).
- Pflanzliche Alternativen wie Hafer- oder Sojadrinks: 19 % – sie gelten steuerlich nicht als Grundnahrungsmittel.
Eine ausführliche Übersicht liefert unter anderem die Fachseite von sevdesk.
Kurzum: Die Steuerlogik ist wieder konsistenter geworden. Und sie sorgt dafür, dass das „Vor-Ort-Essen“ steuerlich nicht schlechter dasteht als die schnelle Box zum Mitnehmen.
3. Auswirkungen auf die Kalkulation
Klingt nach geschenktem Geld? Nicht ganz. Zwar sinkt der Steuersatz um satte zwölf Prozentpunkte, aber das bedeutet nicht automatisch niedrigere Preise für Gäste. Und das ist politisch so gewollt: Die Bundesregierung spricht von einer „Stärkung der Angebotsseite“. Übersetzt: Die Betriebe sollen überleben, investieren und Personal halten können – nicht zwingend billiger werden.
Die Realität der letzten Jahre zeigt, warum: Laut DEHOGA sind die Personalkosten in vielen Betrieben um über 20 % gestiegen. Energie und Warenpreise haben sich ebenfalls deutlich verteuert. Die Steuerentlastung wird daher vielerorts einfach die Lücke schließen, die sonst eine erneute Preiserhöhung notwendig machen würde.
Ein Gastronom beschreibt es treffend: „Für uns bedeutet das nicht, dass wir sofort die Preise senken können. Aber wir müssen sie 2026 nicht schon wieder erhöhen, um unsere gestiegenen Löhne zu bezahlen. Das gibt uns Luft zum Atmen.“
In der Praxis könnten Betriebe die Rückkehr zu 7 % nutzen für:
- Stabilisierung der Preise
- Finanzierung fairer Löhne und Arbeitsbedingungen
- Investitionen in Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder neue Küchenprozesse
- Rücklagenbildung nach den schweren Corona- und Energiepreisjahren
Die kommunikative Empfehlung gegenüber Gästen lautet daher: „Wir halten die Preise stabil und sichern Qualität“, statt unrealistische Versprechen über Preissenkungen.
4. Wettbewerbsgerechtigkeit hergestellt
Eine der wichtigsten Begründungen für die dauerhafte Senkung ist die lange kritisierte Wettbewerbsverzerrung zwischen Restaurantessen und Supermarktprodukten. Ein frisch zubereitetes Gericht im Lokal wurde 2024/25 mit 19 % besteuert, während ein Fertigsalat aus der Plastikschale im Supermarkt bei 7 % lag. Für viele Gastronomen ein Ärgernis – und aus Sicht der DEHOGA eine echte Absurdität.
Die Kampagne „7% entscheiden“ hat deshalb argumentiert: Gleiche steuerliche Regeln für Essen – egal wo. Mit der neuen Regelung wird diese Schieflage beseitigt. Gleichzeitig nähert sich Deutschland dem europäischen Standard an: In über 20 EU-Staaten gilt bereits ein reduzierter Satz für Speisen in der Gastronomie.
Für die Branche bedeutet das eine klare Stärkung des stationären Angebots – also der Orte, die Innenstädte beleben, Begegnungen ermöglichen und Arbeitsplätze schaffen. Auch im Wettbewerb mit rein digitalen Lieferdiensten ergibt sich wieder mehr Fairness.
5. Stimmen aus der Politik & Verbänden
Nach dem Beschluss herrscht viel Zustimmung, aber auch ein paar kritische Stimmen.
Die DEHOGA zeigt sich naturgemäß zufrieden: Der lange Einsatz für die Entfristung hat sich ausgezahlt. Die Kernbotschaft lautet: Die Gastronomie ist zentral für die Lebensqualität in Städten und Regionen – und wirtschaftlich ohne faire Rahmenbedingungen kaum überlebensfähig.
Auf Regierungsseite wird ebenfalls Klartext gesprochen. In einer Antwort des Bundestages heißt es sinngemäß: „Eine unvollständige Weitergabe der Steuersenkung an die Verbraucher ist durchaus zielkonform, da die Maßnahme auch explizit die Angebotsseite – also die Betriebe – stärken soll.“
Für reine Schankbetriebe bleibt allerdings ein Wermutstropfen: Da Getränke nicht profitieren, sind Bars, Clubs und Kneipen von der Entlastung kaum betroffen. Für sie bleibt die wirtschaftliche Lage angespannt.
6. Fazit & Ausblick
Mit der dauerhaften Rückkehr zu 7 % ab Januar 2026 beginnt für viele Gastronomen ein neues Kapitel. Die politische Unsicherheit der vergangenen Jahre ist Geschichte, und die Betriebe können wieder langfristig kalkulieren.
Was steht jetzt konkret an?
- Kassensysteme rechtzeitig auf die neuen Steuersätze umstellen
- Buchhaltung informieren und Warenwirtschaft neu zuordnen
- Speisekarten prüfen – aber Preise nur strategisch und wohlüberlegt anpassen
- Kostenstruktur analysieren, um die Steuerentlastung sinnvoll zu nutzen
Der Beschluss sendet außerdem ein wichtiges Signal: Die Gastronomie wird politisch und gesellschaftlich als kulturell wertvoller, wirtschaftlich relevanter Teil des öffentlichen Lebens anerkannt.
Wenn Sie jetzt die Weichen richtig stellen – in der Kalkulation, im Team und in Ihrer Angebotsstrategie –, dann gehen Sie 2026 nicht nur mit weniger Steuerlast, sondern auch mit einem Vorsprung gegenüber weniger vorbereiteten Wettbewerbern ins neue Jahr.
Kurz-Check für Ihren Betrieb
- Sind alle Speisen ab 01.01.2026 im Kassensystem auf 7 % eingestellt?
- Haben Sie Getränke und pflanzliche Milchalternativen korrekt bei 19 % belassen?
- Ist Ihr Team informiert, wie es neue Steuersätze auf Rechnungen erklärt?
- Haben Sie die Preiskalkulation überprüft, um Preisstabilität zu sichern?
Alles erledigt? Dann können Sie sich mit gutem Gewissen den ersten Kaffee des Jahres 2026 gönnen – mit 19 %, versteht sich.