1. Wo die Jugend wirklich sucht
Stellen Sie sich vor, Sie hängen im Gastraum ein Plakat „Azubi gesucht“ auf – und niemand sieht es. Genau so geht es vielen Betrieben heute mit klassischen Recruiting-Kanälen. Die Gen Z sucht nicht im Schaukasten, nicht im Lokalblatt und oft nicht einmal mehr auf gängigen Jobbörsen. Sie sucht – und findet – ihre berufliche Inspiration auf dem Smartphone.
TikTok und Instagram sind für Jugendliche längst mehr als Unterhaltung. Sie sind Ratgeber, Orientierungsportal und manchmal sogar Karriereberater. Wer hier nicht auftaucht, existiert für viele junge Menschen schlicht nicht als potenzieller Arbeitgeber. Das Netzwerk Q 4.0 bringt es auf den Punkt: Social Media ist im Ausbildungsmarketing nicht länger ein „nice to have“, sondern Pflicht.
Link: Mit Social Media Azubis begeistern (netzwerkq40.de)
Für Gastronomen bedeutet das: Erst wenn der Betrieb auch digital sichtbar ist, wird er überhaupt wahrgenommen. Und zwar dort, wo die Zielgruppe täglich unterwegs ist – oft mehrere Stunden am Stück.
2. Verstehen, wie die Gen Z tickt
Damit Social Media funktioniert, reicht es nicht, dort präsent zu sein. Entscheidend ist, die Gen Z wirklich zu verstehen. Und die tickt anders, als viele Arbeitgeber vermuten.
Flexibilität, flache Hierarchien und Sinnhaftigkeit gehören zu den wichtigsten Werten dieser Generation. Wer beruflich einsteigt, möchte wissen, wofür er oder sie das tut. Gleichzeitig soll die Arbeit Spaß machen – oder zumindest ein Team bieten, das zusammenhält. Auf steife Werbevideos reagiert die Gen Z allergisch. Oder, wie es auf TikTok heißt: „Don’t make Ads – make TikToks.“
Die Welt, in der Jugendliche groß werden, ist geprägt von Unsicherheit – Stichwort VUKA (volatil, unsicher, komplex, ambivalent). Der HR Manager schreibt, dass Arbeitgeber mit klaren, ehrlichen und menschlichen Eindrücken Vertrauen schaffen sollten. Ein Video, das zeigt, wie das Team gemeinsam ein volles Abendgeschäft meistert und danach lachend zusammensitzt, vermittelt mehr Sicherheit als jeder Imagefilm.
Genau da liegt der Knackpunkt: Hochglanz ist verdächtig. Authentizität zählt. Oder wie Influencerin tschulique, eine der bekanntesten Handwerkerinnen auf TikTok, sagt: „Nicht schauspielern, immer bei sich bleiben.“ Ein Motto, das auch hervorragend in die Gastronomie passt.
3. TikTok vs. Instagram: Die Plattform-Strategie
Viele Gastronomen fragen sich: TikTok oder Instagram – was ist besser? Die kurze Antwort: Beides, aber unterschiedlich.
TikTok ist die Bühne für Reichweite. Hier können Videos viral gehen, selbst wenn der Account noch kaum Follower hat. Humor, Trends und Musik stehen im Vordergrund. Ein kurzer Clip aus der Küche, in dem ein Azubi über einen Missgeschick-Moment lacht oder zeigt, wie der Service im Turbogang läuft, kann tausende Jugendliche erreichen. Die Plattform ist roh, schnell und ungekünstelt – perfekt für „Behind the Scenes“.
Mehr zu den Vorteilen: Personalmarketing mit TikTok (one-click-recruiting.de)
Instagram funktioniert eher als Visitenkarte. Hier zählt Ästhetik, aber nur ein bisschen – die Reels nähern sich TikTok immer mehr an. Vor allem Stories und Direktnachrichten sind entscheidend, denn viele Jugendliche schreiben ihren potenziellen Ausbildungsbetrieb einfach direkt an. Instagram ist daher ideal, um in Kontakt zu kommen, Fragen zu beantworten oder das Team vorzustellen.
Beide Kanäle haben ihre Rolle: TikTok bringt Aufmerksamkeit, Instagram baut Beziehung auf.
4. Best Practices: Content, der funktioniert
Die gute Nachricht: Man muss das Rad nicht neu erfinden. Andere Branchen haben vorgemacht, wie man Berufe über Social Media attraktiv machen kann – teilweise mit beeindruckenden Ergebnissen.
Ein oft genanntes Beispiel ist das Klinikum Dortmund. Mit humorvollen Kurzvideos über den Pflegealltag hat das Krankenhaus über TikTok Hunderttausende junge Menschen erreicht, 1,4 Millionen Likes gesammelt und Bewerbungen wie nie zuvor erhalten. Wenn Pflege viral gehen kann, dann kann Gastronomie das erst recht.
Auch das Handwerk zeigt, wie’s geht. Influencer wie tschulique oder Bestatter Luis Bauer bauen Vorurteile ab, indem sie ehrlich, witzig und sehr unglamourös zeigen, was ihr Beruf wirklich bedeutet – inklusive Schweiß und Missgeschicken. Die Botschaft: Authentizität gewinnt.
Was lässt sich daraus für Gastronomiebetriebe übertragen? Eine Menge.
Ideen für funktionierenden Content:
- „POV: Du bist Azubi in der Küche und der Chef macht Witze.“
Kurze, humorvolle Reels, die Alltagssituationen zeigen.
- „Day in the Life“ – ein Tag als Gastro-Azubi in 20 Sekunden.
Stationen im Schnelldurchlauf: Mise en Place, Pass, Bar, Feierabend.
- Ehrliche Q&A-Videos:
Muss man am Wochenende arbeiten? Ja. Aber dafür ist unter der Woche frei – und das Nachtleben weniger voll.
- Mini-Challenges:
Servierteller schneller stapeln? Latte-Art-Fail? Die Gen Z liebt solche kurzen, unperfekten Einblicke.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland zeigte in einem Artikel, wie solche Formate im Handwerk funktionieren – und der Transfer auf die Gastronomie ist unmittelbar nachvollziehbar.
Link: Wie Handwerker für Nachwuchs werben (rnd.de)
Wer mutig ist, lässt sogar das Team kurz tanzen – der Zulieferer Ziehl Abegg zeigt, dass selbst Industriebetriebe mit solchen Clips Sympathien gewinnen können.
Wichtig ist nur eines: Es muss zum Betrieb passen. Kein schauspielerisches Overacting, kein Fremdschäm-Faktor. Echt bleibt am längsten im Kopf.
5. Umsetzung im Betrieb: Einfach machen!
Viele Betriebe glauben, Social Media sei zeitaufwendig und teuer. Die Realität: Ein Smartphone genügt. Und zwar wirklich. Teure Kameras sind überflüssig – Authentizität schlägt Qualität.
Noch wichtiger als Technik ist die Frage: Wer steht vor der Kamera? Die klare Empfehlung aus dem Netzwerk Q 4.0 lautet: Die Azubis. Sie kennen die Trends, sie wissen, welche Sounds gerade viral gehen und welche Art Humor auf TikTok funktioniert. Ausbilder und Chefs geben Orientierung, die Jugendlichen bringen die Kreativität – eine starke Kombination.
Damit das klappt, braucht es ein bisschen Freiraum. Viele Betriebe stellen ihren Azubis 1–2 Stunden pro Woche für Social Media zur Verfügung. Das klingt wenig, reicht aber völlig aus.
Praktische Tipps für den Dreh:
- Vertikale Videos (9:16).
- 21–34 Sekunden – das ist die aktuelle Sweetspot-Länge vieler erfolgreicher Reels.
- Sofort einsteigen – kein langes Intro.
- Untertitel nicht vergessen, viele schauen ohne Ton.
Kleiner rechtlicher Hinweis: Alle, die im Video zu sehen sind, müssen zustimmen (Stichwort: Recht am eigenen Bild). Und: Es geht hier um Recruiting – nicht um Foodporn für Gäste.
Fazit & Ausblick
Die Kernbotschaft dieses Artikels ist einfach: Gute Azubis gewinnt man heute mit ehrlichen, lebendigen und humorvollen Einblicken – gefilmt mit dem Smartphone, produziert von den Menschen, die den Job wirklich machen. TikTok bringt Reichweite, Instagram schafft Nähe, und Authentizität ist der wichtigste Erfolgsfaktor.
In den nächsten Jahren dürfte Social Recruiting noch wichtiger werden. Je früher Sie damit beginnen, desto größer Ihr Vorsprung. Wenn Sie jetzt Ihren Azubis ein paar Stunden pro Woche geben, das Smartphone in die Hand nehmen und einfach loslegen, sind Sie vielen Wettbewerbern bereits einen Schritt voraus.
Kurz-Check für Ihren Betrieb
- Haben wir TikTok und Instagram aktiv für Recruiting im Einsatz?
- Erstellen unsere Azubis eigenen Content – und dürfen sie das auch?
- Zeigen unsere Videos echte Einblicke statt Hochglanz?
- Reagieren wir zeitnah auf Anfragen in Direktnachrichten?
Wenn Sie diese Fragen mit „Ja“ beantworten können, stehen die Chancen gut, dass der nächste Bewerbungseingang nicht lange auf sich warten lässt.