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Levante-Boom: Warum Mezze-Konzepte die Gastronomie nachhaltig verändern

Die levantinische Küche hat sich vom Nischengeheimtipp zum Publikumsliebling entwickelt – und verändert gerade still und leise die Gastronomie im deutschsprachigen Raum. Mezze, Sharing Plates und farbenfrohe Gemüsegerichte treffen genau den Nerv der Zeit. Für Gastronomen bietet der Trend mehr als schöne Teller: Er eröffnet ein wirtschaftlich attraktives, flexibel einsetzbares Konzept mit hohem Erlebnisfaktor.

1. Die Sonne des Ostens auf dem Teller

Stellen Sie sich vor, der erste Gast betritt Ihr Restaurant, wirft einen Blick auf die Karte und lächelt beim Anblick von Hummus, Baba Ghanoush oder Shakshuka – Begriffe, die vor wenigen Jahren vielen noch unbekannt waren. Heute steht die Levante-Küche längst nicht mehr in einer exotischen Ecke, sondern mitten auf der gastronomischen Hauptbühne.

Die Region, die man unter „Levante“ versteht – also das östliche Mittelmeer mit Ländern wie Israel, Libanon, Jordanien, Syrien und Palästina – gilt schon lange als kulinarische Schatzkammer. Doch der globale Boom kam erst richtig in Fahrt, als Köche wie Yotam Ottolenghi mit Kochbüchern wie „Jerusalem“ die Aromatik der Region einem internationalen Publikum näherbrachten. Parallel dazu machte Haya Molcho mit ihrem NENI-Konzept in Wien, Berlin, Zürich und weiteren Städten die lebendige, unkomplizierte Mezze-Kultur massentauglich.

Dass der Trend keine Eintagsfliege ist, zeigt auch das Zukunftsinstitut, das die Levante-Küche bereits 2018 als aufkommenden Megatrend identifizierte. Seitdem hat sich der Stil in den Mainstream gefressen – und er fasziniert nicht nur Foodies, sondern auch Gastronomen, die neue Konzepte mit hoher Marge und moderner Ausrichtung suchen.

2. Das Prinzip „Mezze“: Teilen ist das neue Dinieren

Wer einmal an einem Mezze-Tisch gesessen hat, kennt dieses besondere Gefühl: Eine bunte Sammlung kleiner Schälchen und Teller landet gleichzeitig auf dem Tisch, es duftet nach Kräutern, Röstaromen und Gewürzen, Gäste greifen überkreuz, probieren von allem und reden gleichzeitig über das Essen und über Gott und die Welt. Genau dieses „Balagan“ – ein sympathisches, kontrolliertes Chaos – bildet den Kern der Levante-Erfahrung.

Das Teilen ist kein Gimmick, sondern tief in der Kultur verankert. Die Berliner Zeitung beschreibt die Tradition der Gastfreundschaft, bei der jede Kleinigkeit eine Bedeutung hat und jede Schale ein Beitrag zur gemeinsamen Tischgemeinschaft ist. Für Gäste bedeutet das Geselligkeit, Abwechslung und ein Essen, das mehr Event als reiner Nahrungsakt ist. Oder, wie es ein typischer Gast ausdrücken würde: „Ich liebe es, von allem probieren zu können, statt mich für ein einziges Gericht entscheiden zu müssen.“

Für den Service bringt das Konzept ebenfalls Vorteile. Statt linearer Menüabfolge entsteht ein „Family Style“-Flow, der lockerer wirkt, weniger formell ist und den Gästen das Gefühl gibt, sich in einer lebendigen, offenen Atmosphäre zu bewegen. Das wirkt besonders in Zeiten, in denen Casual Dining boomt, ausgesprochen zeitgemäß.

Und nicht zuletzt beinhaltet das Konzept auch ein optisches Element: Viele kleine Schalen, farbenfrohes Geschirr und mutige Anrichteformen. Die Plattform United Tables zeigt, wie stark Tableware das Erlebnis beeinflussen kann – der Mix aus Keramik, Mustern und kleinen Portionseinheiten setzt spielerische Akzente und erhöht den Erlebniswert.

3. Aromen & Zutaten: Die Stars der Levante

Schon beim ersten Bissen wird klar, warum die Levante-Küche so begeistert: Sie ist aromatisch, frisch und voller Kontraste. Schärfe trifft auf Säure, Cremigkeit auf Rauch, Knusprigkeit auf Kräuter – und alles wirkt gleichzeitig vertraut und aufregend neu.

Drei Gewürze sind dabei unverzichtbar:

Auch die Gerichte selbst haben in den letzten Jahren Kultstatus erreicht:

Wie es ein typischer Küchenchef formulieren würde: „Das Schöne an der Levante-Küche ist, dass das Gemüse der Star ist. Ein im Ganzen gerösteter Blumenkohl braucht sich hinter keinem Braten zu verstecken.“

4. Wirtschaftlichkeit: Der „Veggie-Vorteil“

Für Gastronomen besonders interessant ist die Kalkulation. Die levantinische Küche basiert vor allem auf Hülsenfrüchten (Kichererbsen, Linsen), frischem Gemüse (Auberginen, Tomaten, Blumenkohl) und Gewürzen. Das drückt den Wareneinsatz deutlich – ohne dass der Gast das Gefühl hat, weniger zu bekommen.

Denn die Wertschätzung für Gemüsegerichte ist stark gestiegen. Immer mehr Gäste identifizieren sich als Flexitarier, Vegetarier oder Veganer, gleichzeitig steigt das Bedürfnis nach Genuss ohne Verzicht – das, was das Zukunftsinstitut als „Healthy Hedonism“ bezeichnet. Oder anders: Gesund, aber bitte mit Spaß.

Dazu kommt: Viele Dips, Saucen und Schmorgerichte eignen sich hervorragend zur Resteverwertung. Ein paar übrig gebliebene gegrillte Auberginen? Perfekt für Baba Ghanoush. Tomaten und Kräuter vom Vortag? Ab in eine frische Salatvariation oder in eine Mezze-Schale. So entsteht ein Konzept, das kulinarische Attraktivität mit betriebswirtschaftlicher Effizienz verbindet.

5. Best Practice DACH: Wer macht es vor?

Wer sich inspirieren lassen möchte, muss nicht weit fahren: In DACH gibt es zahlreiche Beispiele, die zeigen, wie vielfältig die Levante-Küche hier umgesetzt wird.

Das wohl bekannteste ist NENI von Haya Molcho. Ihr Konzept des „Balagan“ – organisiert-chaotische Geselligkeit – prägt inzwischen Standorte in Wien, Berlin, Hamburg, Zürich und anderen Städten. Ihre Botschaft ist ebenso simpel wie wirkungsvoll: „Essen verbindet Menschen. Bei uns kommt alles in die Mitte des Tisches – keiner isst für sich allein.“

Auch in München setzt das Restaurant Nana auf authentische Küche und eine beachtliche Weinbegleitung. In Berlin hat sich das Night Kitchen dem Motto „Dinner with Friends“ verschrieben und kombiniert Tel-Aviv-Nachtleben mit geselligem Mezze-Sharing. Viele weitere Betriebe – von kleinen Bistros bis zu Hotelrestaurants – haben inzwischen Levante-Elemente in ihre Konzepte integriert oder als saisonale Themenabende implementiert.

Und für alle, die über den Tellerrand hinausblicken möchten, lohnt sich ein Besuch der Seite von Go Israel. Dort findet sich etwa der Hinweis, dass Tel Aviv über 4.000 Streetfood-Buden und rund 1.750 Cafés und Restaurants zählt – ein dichtes Netzwerk an Inspirationen, das die kulinarische Vielfalt der Region eindrucksvoll widerspiegelt.

Fazit / Ausblick

Die Levante-Küche ist kein kurzlebiger Trend, sondern eine stilprägende Entwicklung, die Genuss, Gesundheit und Geselligkeit miteinander verbindet. Sie bringt farbenfrohe Aromen, ein flexibles Gastrokonzept und eine hohe Wirtschaftlichkeit durch gemüselastige Gerichte. Wer heute auf Mezze und Sharing Plates setzt, schafft eine Atmosphäre, die Gäste lieben – und die gleichzeitig perfekt zum Zeitgeist passt.

In den kommenden Jahren dürfte sich die Entwicklung weiter verstärken: Mehr vegetarische Konzepte, neue Gewürzkombinationen, kreative Präsentationen und ein insgesamt entspannterer Umgang mit Essen und Gemeinschaft. Wenn Sie jetzt einzelne Levante-Elemente in Ihre Karte integrieren, sind Sie Ihrer Konkurrenz einen Schritt voraus.

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